words

[landpartie]


I. On the Strip

Nette Vögel - halb kalt halb warm - Sonnewolken, einzelne Käfer, Baggerlärm [gedämpft].
Betonplattenweg erinnert an den Todesstreifen -
herrjeh, waren das Zeiten: damals nach dem Mauerfall, ein El Dorado für Westkids aus Suburbia:
rumhängen auf dem Todesstreifen, auf der stillgelegten Transitstrecke, von Düppel nach Steinstücken, dabei jung und ein bisschen wild und keine Ahnung - ach, abschweifen gilt nicht, aber:
remember the Todesstreifen! So sieht es hier aus; dann hört er plötzlich auf und lässt Wiese sprießen und Birklein im Rudel und etliches anderes Gesträuch. Rechts hinten & links Baracken - aus Backstein und auch nicht. Sandhaufen, Schutthaufen, Geröll, Betonplatten als Landmarken vereinzelt aus der Wiese ragend.

Wer hat den Reisig links gebrochen? Wer hat den Bildschrim abgeladen und zertrümmert?
Wer klaut sich Steine, links hinten?
Wer stellt all diese Fragen?

Ich - Westkind aus Suburbia, in Gedanken damals,
despite innocence and zero coolness - es gab was zu entdecken.


II. On the Shore

Pücklers Pyramide steht auf der Ecke, bzw. stehe ich fünf Meter in Verlängerung der Ecke. Kaum fünf Meter bis zur Wasserkante, und eigentlich sitze ich! Und zwar im Schatten, da ist es kalt.
Die linke Seite der Pyramide ist mit grünem Gras bewachsen, während die andere Seite eher bräunlich ist und am rechten unteren Rand ein Geschlepp aus Knöterich trägt - oder wie auch immer das heißt. Das Wasser kräuselt sich leicht, was mich wieder an den Wind erinnert. Es wird immer kälter! Das einzige was wärmt, wenn auch nur das Herz, sind die Entenpärchen.
Das rechte Ufer sieht von hier, wo ich sitze, nicht mehr s-kurvig aus, vielmehr ziemlich krumm macht es nach hinten einen größeren Bogen und ist kurz vor dem Knick in den Hintergrund von einer kurzen Steintreppe unterbrochen. Zwei daumenbreit weiter links schiebt sich die Pyramide ins Blickfeld. Rechter Hand, vor der krummen Uferlinie, insgesamt vier Inselchen mit Bäumchen drauf und Enten, süß.


III. On the Edge

Tiefhängende vereinzelte Wolken machen den Raum lang.
Das Kraftwerk linker Hand stößt weißen Dampf aus, der sich mit den Wolken mischt. Zerklüftete Abraumkulisse. Der Horizont beruhigt, was der Arbeitslärm aufwühlt.
Ein Windrad dreht sich, zwei stehen still - wollen auch nichts miteinander zu tun haben. Zwischen ihnen und hier überzeugt das schlichte Nichts in Brauntönen, ein wenig nur von grünen Flecken und dunklerem Sand unterbrochen, auf dem sich langsame Wolkenschatten abzeichnen.
Das vor dem Nichts hat allerhannd zu bieten, wenn man sich die Mühe macht, nachzuschauen.

Du fühlst dich nicht größer als die Wanzen, die auf den Disteln herumkriechen.
Du fühlst dich größer als jemals, denn der Himmel hängt zum Greifen tief.
Du fühlst dich geringer als gewöhnlich, die schiere Weite spricht im Imperativ.
Du lernst den Wind zu schätzen, denn er läßt auf das Vorhandensein von mehr schließen, als nur Nichts.
Du willst alles ertragen, nur nicht das Angesicht der Grube; sie weckt Urängste.
Du willst selber niemals solche Wunden tragen müssen.
Du kannst nur umkehren und dich abwenden in ehrfurchtsvoller Scham.


IV. Between the Sticks

Wie nett; Im Wald bin ich ja aufgewachsen, gewissermaßen. Nur war jener Wald - besser -
wenn man so will. Nichtsdestoweniger; Kiefern: streichholzdünn, Seit an Seit aber nicht undurchdringlich. Vögel, natürlich. Nett flirrt die Sonne durch die Baumreihen. Im Fond, natürlich, Autos, Motorräder und all der Kram. Natürlich.
Ich zitiere:

   Dein Astwerk spricht mit wilder Geste
   dein Temperament spricht für dich
   Hast Feuer in den Lenden,
   Du südlicher Baum.

So könnte es sein: ist es aber leider nicht. Die Leute laden stattdessen ihren Müll hier ab.
Wieso das alles? Wieso so vieles, wieso überhaupt. Hier lodert kein Feuer der Leidenschaft.
Dem Waidmann kommen die Tränen.


V. In the Village

Welch kleine Nachbarschaft. Haus und Haus, kaum mehr.
Für einen, der das zum ersten Mal sieht, schwebt nicht mal ein Geist von Vergangenheit in der Luft. Nur Seltsamkeit.
Der Schnee rings umher verbirgt nichts was der Frühling enthüllen könnte, er versöhnt eher noch mit der Kargheit.
Die alte Frau, die links wohnt ist sehr nett. Wir freuen uns gemeinsam über die Sonne. Nebenan fließt träge ein Pril, Eis an seinen Ufern, dahinter weist die Bundesstraße darauf hin, dass man hier nicht inmitten einer ländlichen Gemeinde steht, sondern immer am Rande;
am Rande der Stadt {Voyerismus und kaltes Schulterzucken}
am Rande des Lochs {tilgt das Dorf und macht Energie daraus}
am Rande der Zeit {die ist fast vergangen}


Summer′05 - Winter′06, COT / © jänz...!


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