[i know where the summer goes]
Der erste Schnee kam reichlich früh in diesem Jahr; zumindest hier
in der Region. Vom studentischen Standpunkt, den auch ich teile, befindet
man sich nun am Beginn eines neuen Abschnitts, sprich Semesters, das für
viele das erste hier in Cottbus ist.
Viele andere haben rechtzeitig vor dem Herbsteinbruch die Stadt verlassen
und sich vornehmlich in tendenziell wärmere Gegenden aufgemacht,
um dort die nächsten Monate zu verbringen. Hiermit sei nicht unterstellt,
dass es nur das Klima war, das die Entscheidung zum Aufbruch bedingte,
vielmehr wohl der Wunsch, Erfahrungen zu machen, die einem hier vorenthalten
blieben.
Erfahrungen kann man natürlich auch hier machen, oder eben dort,
wo man gerade meint, zu Hause zu sein, doch sind die Erfahrungen dann
natürlich andere. Der Ortsfaktor hat hierbei selbstverständlich
keinen Einfluss auf die Qualität der Erfahrungen, so man denn in
diesem Kontext überhaupt Wertungen vornehmen möchte, außer
der, dass Erfahrungen an sich stets einen Wert darstellen. Der unmittelbare
Wert bleibt einem oftmals sicherlich im ersten Moment verborgen, gerade
wenn es sich um vordergründig unangenehme Erlebnisse handelt. Sicherlich
verlangt es auch manches Mal einiges an Deutungsvermögen, Kraft und
Bereitschaft, mit dem Erlebten umzugehen, um den Wert der gemachten Erfahrung
zu erfassen. Der Erfahrung selbst entkommen wir nicht, den möglichen
Wert zu erkennen, können wir uns verweigern. Vielleicht ist diese
Verweigerung manchmal sogar notwendig.
Ich selbst befinde mich gerade im Aufbruch von hier und meine Absicht,
zu gehen, erwächst aus dem oben genannten Wunsch, Erfahrungen zu
machen, die ich hier glaube, nicht machen zu können. Im Aufbruch
ist man nicht mehr ganz hier und noch nicht ganz dort und alles ist recht
durcheinander. Nicht zuletzt man selbst.
Dann lese ich die Mails aus Portugal, Venezuela und von der Elfenbeinküste
und meine Vorfreude wächst, ebenfalls neue Erfahrungen zu machen.
Dabei denke ich allerdings gerade auch an meine Mitbewohnerin, die sich
an der Elfenbeinküste zuletzt mit dem dort herrschenden Bürgerkrieg
konfrontiert sah, eine Erfahrung, die zu machen sie sich wahrscheinlich
nicht gewünscht hat. Niemand wünscht sich, schlechte Erfahrungen
zu machen und ich denke, es gibt Dinge, die man einfach nicht erleben
möchte, egal wie groß ihr möglicher Erfahrungswert sei.
May nothing but happiness come through your door gilt also weiterhin,
für alle unterwegs, für alle zu Haus, denn irgendwie hat man
es immer selbst in der Hand und gleichzeitig aber auch nicht.
© jänz...!