
[a while ago and recently]
So begegnen wir uns nun als wieder in neuer Umgebung, in verändertem
Kontext, nehme ich zumindest an, nun nach dem Abbau / Wegfall der Unisection
im vorliegenden Magazin. So begegnen wir uns wieder, im März, der
gerade noch ist, beziehungsweise im April, der beim Lesen sein wird, und
viele Fragen werden möglicherweise dann, jetzt beantwortet sein.
Unter anderem die derzeit wohl brennendste Frage von allen, die nach der
Weltunsicherheit.
Schlimm genug, das alles – und zwar alles, und auch schlimm, dass
mir heute Abend die Worte gar schwer aus den Fingern wollen.
An diesem Abend, der kälter ist als die letzten, was durch den verstrichenen
Tag sich bereits ankündigte. Der nun geschmückt wird von schmucker
Musik – Erlend Oye, die eine Hälfte der Kings Of Convenience,
ganz quiet mit Electroeinschlag im besten Sinne des langhin schon umgreifenden
achtziger Jahre Zitats, das mittlerweile seinen Höhepunkt erreicht
haben dürfte.
Kaum ein Kopf ohne asymmetrische Frisur, entstellter, verfremdeter, interpretativ
überzeichneter Vokuhila-Matte, sich stolz behauptend und ihres Triumphes
gewahr durch sämtliche Sozial- und Altersschichten ziehend, womit
sich für die meisten Menschen meiner Generation das erste Revival
einer selber bewusst miterlebten Dekade vollzieht. Tatsächlich wirken
die Styles der 80er weitaus erratischer als sämtliche vorher wieder
belebten Trends, vielleicht auch gerade weil diese zehn Jahre [plus zwei
Jahre Entwicklungsspielraum] für diejenigen, die sie heute an sich
selbst zitieren auf genau diese Weise wahrgenommen wurden. Verspielt,
verkorkst, veränderbar.
Sicherlich ist meine Wahrnehmung auch derzeit durch den Aufenthalt in
Madrid besonders beeinflusst, wo es in jeder Hinsicht zu ausgesprochen
zügellosen Ausprägungen dieses Trends kommt. Wrestlingstiefel
sind hier beispielsweise gerade sehr modern, doch mit jedermanns Kindheit,
Jugend, Sex - um es mit den Poptarts zu sagen, die auch Kinder der 80er
sind – waren sie eine Zeit der Unschuld und des Verlusts derselben,
der Versuchung und Veränderung, die in der Erinnerung mit dem richtigen
nostalgischen Stich versehen und durch die Paarung mit den Medien, die
uns die Neunziger schließlich brachten, heute auf eine Generation
trifft, die bereits auf dem Weg ins Jetzt vor keinem Trend zurückschreckte,
die sich nun aber erstmals mit einem Spektrum weitaus lebendigerer, präsenterer
Zitate umgeben und schmücken kann.
Und all das, während die Weltlage immer mehr ins Wanken gerät
und man sich, fest in der eigenen Vergangenheit verankert, neben Vokuhila
und Umhängekeyboard eines musikalischen Schlüsselereignisses
erinnert und um sich und seinen Nächsten Mut zu machen, Ein bisschen
Frieden singt.
© jänz...!